Von der alten Kaiserstadt Hue aus, fahren wir mal wieder per Sleeper-Bus in Richtung Norden Vietnams, landschaftlich der vielleicht schönste Part. Erster Stopp ist dabei Ninh-Binh, knapp eine Autostunde südlich von Hanoi gelegen. Genauer gesagt finden wir im kleinen Vorort Tam Coc unsere Bleibe. Die Region um Ninh Binh wird auf Grund ihrer zahllosen Karstfelsen und Höhlen auch als trockene Halongbucht bezeichnet und Tam Coc ist der perfekte Ausgangspunkt, um diese zu erkunden.
Unser Bus kommt mitten in der Nacht an und unser Vermieter ist vorgewarnt, dass wir ihn wecken werden. Verschlafen und freundlich zeigt er uns das Zimmer und wir tauschen gerne den Bussitz gegen ein bequemes Bett ein.
Am nächsten Morgen sehen wir unser Guesthouse das erste Mal bei Tageslicht und das kann sich durchaus sehen lassen! Nach einem leckeren Frühstück neben dem tollen Pool leihen wir uns zwei Räder aus und radeln zu den Trang An Höhlen. Dort können wir eine Bootstour durch die unzähligen Karsthöhlen unternehmen. Gemeinsam mit einem älteren vietnamesischen Ehepaar werden wir von einer Dame durch die wunderschöne Landschaft gepaddelt.
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Ein leicht schlechtes Gewissen haben wir schon, dass die Arme bei dieser Hitze paddeln muss. Da weitere Paddel im Boot liegen, helfen wir gerne ein bisschen mit. Doch schon bald heißt es Kopf einziehen, denn wir passieren die erste Höhle und da überlassen wir das Navigieren lieber dem Profi. Als wieder Licht zu sehen ist und wir die Höhle verlassen, befinden wir uns komplett umringt von Felsen und man fühlt sich wie in einer neu entdeckten Welt.
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Insgesamt neun Höhlen durchfahren wir auf unserer Route und halten dabei an einigen buddhistischen Schreinen, an denen wir von Bord gehen und diese bestaunen können. Nach beinahe drei Stunden endet unsere Fahrt und wir radeln zurück in Richtung Tam Coc.
Auf halbem Weg biegen wir aber noch zum Nam Xay Aussichtspunkt ab, der ist nämlich Pflichtprogramm bei einem Besuch von Ninh Binh. Am Fuße dieses Berges erwarten uns bereits zahllose Touristen. Für die meisten ist dabei ein angrenzendes Lotusfeld das Highlight. Besonders junge Damen können für die eigene Instagramstory hier perfekte Schnappschüsse ergattern. Wir machen uns auf den Weg nach oben und obwohl es bereits abends ist, ist es immer noch wahnsinnig heiß und der Aufstieg dementsprechend anstrengend. Auf dem Gipfel wartet aber eine atemberaubende Aussicht auf uns.
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Die Karstfelsen, das Lotusblütenfeld, Reisfelder, all das lässt sich von hier überblicken. Durch die Reisfelder schlängelt sich auch ein kleiner Fluss auf dem viele kleine Boote fahren. Diese gehören zu einer weiteren Bootstour, die direkt vor unserer Unterkunft startet und die wir uns am nächsten Tag auch nicht entgehen lassen.
Obwohl wir nur wenige Kilometer von unserer gestrigen Tour starten, wirkt die Landschaft durch die vielen Reisfelder ganz anders, aber nicht minder schön.
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Danach machen wir uns schon wieder auf den Weg zu unserer nächsten Station ganz im Norden Vietnams: Ha Giang. Diese Stadt ist besonders bekannt als Ausgangspunkt für die Rollertour auf dem Ha Giang-Loop, auf dem man den spektakulären Ma-Pi-Leng Pass befährt. Hier erleben wir allerdings den ersten richtigen Reinfall unserer Reise. 2018 war Heiner bereits in Vietnam und eine Befahrung der Rundstrecke war ohne große Bürokratie möglich. Heute ist dies ohne Motorradführerschein inklusive internationalem Führerschein leider nicht möglich, beziehungsweise nur falls Strafen in Kauf genommen werden. Denn die örtliche Polizei hat entlang der Strecke Checkpoints eingerichtet und sammelt fleißig Strafgelder ein. Wer jedoch das notwendige Kleingeld hat und nicht darauf besteht selbst zu fahren, kann sich einer der zahlreichen geführten Motorradtouren anschließen. Das kam für uns aber nicht infrage, wenn wir diese Rundfahrt machen, dann schon auf eigene Faust! Deshalb planen wir kurzfristig um und wandern von unserer Unterkunft aus in das kleine Bergdorf Cao Banh. Zumindest können wir eine schöne Aussicht auf Ha Giang genießen.
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Am nächsten Morgen machen wir uns etwas ernüchtert nach Hanoi auf, der Ausflug nach Ha Giang hatte sich für uns leider weniger gelohnt. In der Hauptstadt angekommen lassen wir es im "Old Quarter", der Innenstadt Hanois, nach den vielen Kilometern im Bus etwas ruhiger angehen. Zum Glück ist das Stadtzentrum bestens mit Restaurants und Bars ausgestattet. Bun Cha, Bahn Mi, Banh Xeo - klingt nicht nur köstlich, ist es auch. Doch auch kulturell ist hier so einiges geboten, besonders berühmt ist dabei das Wasserpuppentheater von Hanoi. Mit Marionetten, die die Puppenspieler geschickt auf einem kleinen Teich bewegen, werden Legenden und Episoden des alltäglichen Lebens Vietnams erzählt.
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Am nächsten Tag wollen wir noch mehr über die Geschichte Hanois und das Leben in der Stadt erfahren und nehmen an einer "Free Tour" durch das Old Quarter teil. Los geht diese am Hoan Kiem-See, wo auf einer kleinen Insel im See der Tempel Den Ngoc Som liegt. Neben sehr schönen Altaren sind hier auch zwei verstorbene Schildkröten, welche in Vietnam heilig sind, präpariert. Die größere der beiden wog 250 Kilogramm und lebte dort bis 2016 im See. Einen Zeh werden wir dort sicher nicht hinein halten!
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Auf der weiteren Tour durch die Stadt erfahren wir viel über sämtliche Epochen der Stadt und passieren ein altes Stadttor oder eine Stahlbrücke aus der französischen Kolonialzeit. Diese wird heute von den Bewohnern als liegender Eiffelturm bezeichnet und ist eine vielbefahrene Rollerstrecke. Mitten in der Altstadt klärt sich dann auch die Frage, warum Vietnamesen immer auf kleinen Kinderstühlen sitzen: Bei drohenden Polizeikontrollen können die kleinen Stühlchen besser weggeräumt werden, denn "Außengastronomie" ist in der dichtbesiedelten Stadt nicht erlaubt.
Weiter geht es auf den städtischen Markt, wo der ganz normale tägliche Wahnsinn tobt. Hier wird fleißig gefeilscht und allerhand Waren wandern über die Ladentische. Buntes Gemüse, Gewürze, Fische und Krebse in Aquarien unter fragwürdigen Haltungsbedingungen oder Fleisch appetitlich drapiert bei 35 Grad am Straßenrand - die Geruchskulisse ist überwältigend. Unser Guide führt uns in ein nahe liegendes Gebäude und wir befinden uns im Textilmarkt. Wir schlängeln uns durch enge Gassen umrahmt von Stoffen, Kleidern und Unterwäsche, die aus den angrenzenden Containern verkauft werden. Überall herrscht geschäftiges Treiben - so stellen wir uns einen Markt in Asien vor.
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Den Abschluss unserer Tour bildet ein Besuch in einem netten Cafe, wo wir bei einem kühlen Coconut Coffee die Tour beenden.
Nach ein paar schönen Tagen in Hanoi fahren wir weiter zu unserem nächsten Ziel, die Insel Cat Ba, welche direkt an der Ha Long Bay gelegen ist. Mittels Bus und Fähre gelangen wir auf das Eiland und schlagen unsere Zelte in Cat Ba City auf. Zugegebenermaßen nicht gerade die schönste Stadt, sondern das was wohl als Hotelburg bezeichnet wird. Da gerade die vietnamesischen Ferien sind, sind die Unterkünfte komplett ausgebucht und dementsprechend was los in der Stadt. Um dem ganzen Treiben zu entfliehen, mieten wir zur Erkundung der Insel einen Roller.
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Da die meisten Urlauber am Strand in der Nähe der Stadt liegen oder auf Booten in der Ha Long Bay unterwegs sind, begegnen wir schnell nur noch wenigen Menschen. Mitten auf der Insel gibt es mit dem Cát Bà Nationalpark eines der schönsten Ziele. Wir parken unsere Scooter und wandern durch den Urwald zum Đỉnh Ngự Lâm Aussichtspunkt hinauf. Und dort oben ist die Aussicht einfach nur WOW! Ringsherum sehen wir immergrünen Urwald und am Horizont das Meer. Sicherlich einer der schönsten Orte unserer Reise!
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Wir setzen unsere Fahrt Richtung Norden fort und nach einer Mittagspause erreichen wir das nördliche Ufer der Insel. Dieses grenzt an die Ha Long Bay und wir haben einen Ausblick auf die mit Touristenschiffen gefüllte Bucht. Für uns geht es wieder in Richtung Cat Ba City, aber nicht ohne an der Trung Trang Höhle zu halten. Die Tropfsteinhöhle ist auch Teil des Nationalparks.
Morgens darauf klingelt schon früh der Wecker, denn wir haben eine Bootsfahrt in die weltberühmte Ha Long Bay gebucht. Mit vielen anderen Touristen fahren wir aber den Großteil der Strecke durch die angrenzende Lan Ha Bay, die nicht weniger schön ist. Hier ist jedoch noch nicht ganz so viel los wie in der bekannteren Nachbarsbucht. Mehrere Haltepunkte sind auf dem Weg durch das Labyrinth an Kalkfelsen eingeplant. Der erste ist in einem der vielen schwimmenden Dörfer in den Buchten. Hier leben tatsächlich Menschen ganzjährig auf schwimmenden Holzkonstruktion.
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Wir bleiben hier nur kurz und wechseln den schwimmenden Untersatz - ein Kajak erfordert jetzt unsere ganze (Wo-)manpower. Für eine Stunde dürfen wir selbst in den Buchten herum paddeln.
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Nachdem auf dem Boot ein ausgiebiges und leckeres Mittagessen serviert wurde, welches wir uns in Mitten der Lan Ha Bay schmecken lassen, geht es zu einem Badestrand. Vom oberen Deck dürfen wir ins azurblaue Wasser springen und peilen eine Lagune an, die sich laut unserem Guide nicht weit weg vom Boot befindet. Auf halbem Weg dorthin begegnen wir aber einigen Quallen und drehen lieber wieder um.
Der Bootsausflug neigt sich langsam dem Ende zu, und so steuern wir gemütlich zur Anlegestelle auf Cat Ba zurück.
Wir verlassen die traumhafte Bucht am darauffolgenden Tag und machen einen letzten Zwischenstopp in Hanoi. Von dort aus werden wir in wenigen Tagen nach Südkorea fliegen. Auch wenn wir bereits in Vietnams Hauptstadt waren, gibt es doch noch einiges, was auf unserer To-do-Liste steht. So wie der Besuch der Train Street.
Etwa drei bis viermal am Tag fährt ein Zug mitten durch eine enge Straße, an dessen Seiten sich dutzende Cafés reihen. Bei Kaffee und Kuchen rauscht der Zug nur wenige Zentimeter von den Tischen entfernt vorbei - Absperrungen sind hier Fehlanzeige. Dass diese Attraktion fast ausschließlich von Touristen besucht wird, die alle den perfekten Schnappschuss ergattern möchten, wird von den Einheimischen clever ausgenutzt. Kaum dass wir auf unseren Stühlen Platz genommen haben, werden wir von Verkäufern angesprochen, die uns ihre Zigaretten, Fächer, Hüte, Süßigkeiten und anderen Krimskrams andrehen möchten. Als dann der Zug vorbei fährt ist die Aufregung groß und wir sind doch erstaunt, wie nah er an unseren Füßen vorbeirauscht.
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Bevor wir Vietnam verlassen, wollen wir uns noch mit einigen Klamotten eindecken - schließlich gibt es an jeder Straßenecke unglaublich günstige, aber wohl nicht ganz originale Kleidungsstücke von international bekannten Topmarken. Mit einigen Schnäppchen in der Tasche haben wir zum Schluss nochmal Lust auf ein gutes Banh Mi - eines der besten Banh Mis der Stadt finden wir in einer kleinen Seitenstraße. Hier steht sich schon eine ganze Horde Touristen ihre Füße in den Bauch - doch das Warten lohnt sich! Vietnam ohne Banh Mi, einfach unvorstellbar!
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